Es braucht vor allem ein klares Bekenntnis zum Jugendsport!
Rund 30 Prozent der Mitglieder in den Sportvereinen sind unter 18 Jahren. Sport im Verein zählt unbestritten zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen von Kindern und Jugendlichen. Doch nachdem der Organisationsgrad bei den Grundschülern den absoluten Höhepunkt über alle Altersgruppen hinweg erreicht, sinkt er danach schnell wieder ab.
Woran liegt dies? Und warum sind nicht alle Sportvereine gleichermaßen davon betroffen? Mit der Vereinsbefragung zum Jugendsport hat die Sportjugend Rheinland Einflussfaktoren für den Verbleib von Jugendlichen im Vereinssport identifiziert. Vorweg lässt sich sagen, dass es vielfältige Gründe gibt, warum einzelne Jugendliche im Verein bleiben oder nicht. Hierzu zählen neben gesundheitlichen Gründen auch der eigene Ausbildungsweg, andere Interessen oder Konflikte im Vereinsumfeld.
Doch abseits dieser individuellen Austrittsgründe zeigt die Umfrage auch, dass viele Vereine Jugendliche nicht als eigene Zielgruppe sehen. In 70 Prozent der Vereine ist das sportliche Angebot für Kinder und Jugendliche nicht differenziert. So verwundert es nicht, dass die Vereine in der Jugend vor allem vom Erfolg im Kindersport leben.
Vereine leben in der Jugend vom Erfolg im Kindersport
In den meisten Vereinen (127) überragt die Zahl der Kinder (bis 10 Jahre) die Anzahl der jugendlichen Mitglieder (11-18 Jahre). Nur in 51 Vereinen ist das Verhältnis umgekehrt. Darunter sind vielfach Vereine, deren Sportarten bestimmte rechtliche oder motorische Voraussetzungen aufweisen und somit der Einstieg erst mit steigendem Alter möglich ist. Hierzu gehören Luftsport, Rudern oder Sportschießen.
Und nicht nur bei den Mitgliederzahlen, sondern auch bei der Betrachtung der Eintrittszeitpunkte ist ein klarer Fokus auf die Kindheit festzustellen. 162 Vereine geben an, dass Eintritte vor allem bis zum 9. Lebensjahr erfolgen. Mit einem Schwerpunkt auf der Grundschulzeit. Spätestens ab dem 13. Lebensjahr fällt es Vereinen immer schwerer junge Menschen für einen Beitritt zu begeistern.
Es bleibt jedoch fraglich, inwieweit Vereine bei Jugendlichen aktiv für eine Mitgliedschaft werben. Abgesehen vom Schnuppertraining (113) sind Social-Media-Aktivitäten (87) und Schulkooperationen (38) die häufigsten Werbemittel. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die Maßnahmen wirklich auf die Zielgruppe der Jugendlichen ausgerichtet sind, denn gerade bei den Kooperationspartnern werden vielfach Grundschulen und Kitas angegeben.
Mitbestimmung für und Austausch mit Jugend ist ausbaufähig
Mit zunehmendem Alter wollen junge Menschen nicht mehr nur Angebote konsumieren, sondern diese auch aktiv mitgestalten. Doch obwohl der Sport grundsätzlich viele Möglichkeiten bietet, junge Menschen einzubeziehen, geben rund die Hälfte der Vereine an, dass es keine formalen Partizipationsmöglichkeiten für junge Menschen gibt. In den übrigen Vereinen halten sich Jugendvorstände (62) und Jugendsprecher (57) in etwa die Waage. Weitere Vertretungsformen wie Mannschaftssprecher (39) spielen eine geringere Rolle.
Und auch abseits der formalen Mitbestimmungswege gibt es nur selten einen Austausch mit dem Nachwuchs. Rund 50 Prozent der Vereine geben zwar an die Wünsche von Jugendlichen zu erfassen, in den meisten Fällen gibt es hierfür jedoch kein standardisiertes Verfahren. Trainer und Mannschaftssitzungen (zusammen 28,2 Prozent) sind dabei die am meisten genutzten Wege. Es folgen unspezifische Gespräche mit 20,2 Prozent und die Jugendvertretung (Jugendsprecher, Jugendversammlung) mit 10,5 Prozent. Aktive Befragungen (6,4 Prozent) sind in etwa genauso häufig wie das Warten darauf, dass die Jugend auf den Vorstand zugeht (5,6 Prozent).
Sind Beteiligungsmöglichkeiten vorhanden, so bieten Vereine häufiger sonstige Angebote der Jugendarbeit an. Der positive Zusammenhang lässt sich für alle Angebotsformen feststellen ist jedoch bei Freizeiten, Feiern und Ausflügen am stärksten ausgeprägt.
Feiern, Ausflüge und Ferienfreizeiten prägen Jugendarbeit neben dem Sport
Mehr als 80 Prozent der Vereine bieten neben dem Sport auch weitere Aktivitäten an. Am häufigsten werden Feiern (116), Ausflüge (108) und Ferienaktionen (99) genannt. Diese werden in mehr als einem Drittel aller Vereine angeboten. Mit etwas Abstand folgen Qualifizierungen (56) und Sportlerehrungen (55). Auch wenn die Größe des Vereins die Durchführung von außersportlichen Aktivitäten, insbesondere Ferienfreizeiten und Qualifizierungsangebote, begünstigt, sind auch schon kleinere Vereine ab 100 Mitgliedern vielfach in der Lage, diese anzubieten.
Investition in lizenzierte Trainer lohnt sich gleich mehrfach
53,1 Prozent der Vereine geben an, dass die Mehrheit der Trainer über eine Lizenz verfügt. Umgekehrt sind in rund der Hälfte der Vereine keine oder nur wenige Lizenzinhaber aktiv. Auffällig sind hierbei die Unterschiede zwischen den einzelnen Sportarten. Während z.B. im Luftsport, Karate, Radsport, Rehasport, Rudern und Ski über 75 Prozent der Vereine angeben vorwiegend mit lizenzierten Kräften zu arbeiten, geben im Fußball und karnevalistischen Tanzsport rund 60 Prozent der Vereine an, nur vereinzelt lizenzierte Trainer zu beschäftigen.
Durch qualifiziertes Personal können dabei nicht nur sportliche Angebote, sondern auch außersportliche Aktivitäten des Vereins bereichert werden. Die Ergebnisse zeigen positive Einflüsse auf die Mitbestimmungsmöglichkeiten sowie das Angebot von Ferienaktionen. Zudem scheinen lizenzierte Trainer länger aktiv zu sein.
Jugendwarte als Zeichen der strategischen Bedeutung der Jugendarbeit
Neben den Trainern und Übungsleitern haben Jugendwarte eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Jugendarbeit. Gleichzeitig ist die Wahl eines Jugendwartes Ausdruck der strategischen Bedeutung der Jugend im Verein. Je höher die Bedeutung, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Verein einen Jugendwart hat. (Varianz von 40,0 bis 88,5 Prozent). Auch die Zahl der Jugendsprecher (Varianz 0 bis 29,9 Prozent) nimmt mit der Bedeutung zu.
Gleichzeitig ist ein positiver Zusammenhang zwischen der strategischen Bedeutung und dem Angebot von außersportlichen Aktivitäten feststellbar.
Während Angebote, Werbung, die Qualifizierung des Personals und das Vorhandensein von Ansprechpartnern für die Jugendarbeit durch den Verein beeinflussbar sind, hat auch eine schwer veränderliche Komponente Einfluss auf die Jugendarbeit: die Größe der Gemeinde, in der der Verein ansässig ist.
Wenig Konkurrenz aber auch wenig Auswahl auf dem Land
Mehr Einwohner bedeuten potenziell auch mehr junge Menschen, die Vereine als Mitglieder werben können. Gleichzeitig ist die Konkurrenz in Großstädten mehr als fünfmal höher als auf dem Land. Dies zeigt sich unter anderem in der begrenzten Verfügbarkeit von Sportanlagen und der höheren Wechselbereitschaft der Angebote. In kleineren Gemeinden gibt es hingegen eine geringere inhaltliche Breite. Es dominieren Fußball, Tanzen, Turnen und Schießsport. So verwundert es nicht, dass insbesondere in den kleineren Gemeinden Vereine überproportional häufig fehlende Angebote als Austrittsgrund angeben.
Größeren Vereine fällt es leichter Jugendliche zu gewinnen
Wo entsprechende Angebote bestehen, und ein Grundstock an Jugendlichen für den Verein begeistert wurde, fällt die Jugendarbeit leichter. Vereine mit 100 bis 500 Mitgliedern geben doppelt so häufig an, dass es an jugendlichen Mitgliedern mangelt wie Großsportvereine (43,0 zu 20,0 Prozent).
Und auch in Sachen Partizipationsstrukturen liegen größere Vereine vorn. In 38,9 Prozent der Vereine mit 700-999 Mitgliedern gibt es einen Jugendvorstand. Bei den Kleinstvereinen bis 100 Mitglieder ist dies nur in jedem fünften Verein der Fall. Generell ist ein positiver Einfluss der Vereinsgröße auf das Vorhandensein eines Jugendvorstandes festzustellen. Demgegenüber sind Jugendsprecher oder Mannschaftssprecher in kleinen Vereinen genauso oft etabliert wie in größeren Vereinen. Diese Beteiligungsformate eignen sich somit für alle Vereinsgrößen.
Auch wenn Vereinsgröße und -sitz Einfluss auf die Jugendarbeit haben, so heißt es für kleinere Vereine, nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Denn gerade mit Blick auf Mitbestimmung von Trainingsinhalten oder die Mitwirkung bei Projekten bieten übersichtliche Strukturen Vorteile.
Trainermangel ist größte Herausforderung für den Jugendsport
71,0 Prozent der Vereine geben an, dass sie vor allem mehr Trainer benötigen, um die Angebote im Jugendsport ausbauen zu können. Mehr interessierte Jugendliche (41,2 Prozent) und mehr Geld (40,0 Prozent) folgen mit deutlichem Abstand. Auch Sportstätten (35,9 Prozent), Gestaltungsideen (26,1 Prozent) und Material (15,5 Prozent) sind in den meisten Vereinen keine limitierenden Faktoren.
Somit bleibt festzustellen, es braucht vor allem eines: Ein klares Bekenntnis zur Jugend!