Auf dem Prüfstand: Die Grundhaltung des Übungsleiters

Meistermacher oder Entwicklungsförderer: Sportjugend Rheinland veranstaltet Special mit großem Erkenntnisgewinn

Professor Dr. Ralf Sygusch wählt einen ungewöhnlichen Weg und stellt sein Fazit voran: „Trainer oder Übungsleiter, die sich als Entwicklungsförderer verstehen, haben eine entsprechende Grundhaltung. Sie greifen Lernsituationen auf, inszenieren und thematisieren diese. Sie pflegen eine wertschätzende Trainer-Sportler-Beziehung. Sie schaffen ein aufgabenorientiertes und angstfreies Trainingsklima. Und: Verstehen sich Trainer  und Übungsleiter als Entwicklungsförderer, dann können sich auch Meister entwickeln.“ Alles klar?  Sygusch setzt noch eins drauf:  „Wenn Sie dies alles beherzigen, dann  können Sie gehen und sich einen schönen Abend machen.“ Niemand ging. In der Folge  entwickelte sich ein Dialog zwischen Referent und Seminaristen mit einem großen Erkenntnisgewinn.

Eingeladen hatte die Sportjugend Rheinland ins Jugendzentrum Koblenz-Karthause zu ihrem Special mit dem Titel „Trainer/innen und Übungsleiter/innen: Meistermacher oder Entwicklungsförderer?!“

Schnell wurde allen klar: Hier geht es nicht um die Dominanz und die Allwissenheit  des Übungsleiters im Trainingsprozess, sondern um eine Qualität anderer Art, die Sygusch so formuliert: „Die pädagogische Trainingsqualität hat als Ziel mündige handlungsfähige Sportlerinnen und Sportler.“

Was aber kennzeichnet mündige handlungsfähige Sportler. Gruppenarbeit war angesagt. Deren Ergebnisse Ralf Sygusch auf folgende Nenner brachte: „Mündige Sportler sind  handlungsfähig im Sportsystem.Sie verfügen nicht nur über motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie situationsangemessen einsetzen. Sie sind selbstbewusst und kooperationsfähig, sie bestimmen mit und sind entscheidungsfähig: Vielmehr noch: Sie reflektieren ihren Sport, setzen sich kritisch mit dem Sportsystem auseinander. Sie sind faire Wettkämpfer, bei denen nicht `Hauptsache Gewinnen´ im Vordergrund steht, sondern die Freude am Sport, die sie aus der Qualität ihrer Leistung beziehen.“

Hier kommt zwangsläufig der Trainer und Übungsleiter ins Spiel: Ohne erhobenen Zeigefinger verstand es Sygusch, tradierte Einstellungen und Haltungen zu hinterfragen und gemeinsam mit den Seminarteilnehmern einen pädagogischen Anforderungskatalog in Bezug auf das Training, die Trainer-Sportlerbeziehung sowie  Sportler-Sportlerbeziehung zu stellen. Und immer wieder die Frage: Bringe ich als Trainer und Übungsleiter die entsprechende Grundhaltung mit? Gebe ich meinen Schützlingen genügend Raum sich zu entfalten? Thematisiere ich Trainingsinhalte? Lasse ich Erfahrungen reflektieren? Wie gehe ich mit Konflikten um? Begegne ich den Sportlern auf Augenhöhe? Lasse ich wirklich Raum für Selbst-  und Mitbestimmung?

Drei Stunden Zeit für ein komplexes Thema, mit dem man ein Wochenendseminar füllen könnte. Denn der sportliche Entwicklungsförderer hat  nicht nur die entsprechende Einstellung, er verfügt  auch über ein Repertoire an Übungen, Spielen und  Regeln, die er in den Trainingsprozess einfließen lässt, die immer wieder erprobt und hinterfragt werden wollen. Denn auch an der Grundhaltung  lässt sich ständig arbeiten.

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